Ludwig Stegmüller
Die Perfektion des feinen Striches



Die "Kapfenberger Bilder"
eine Auswahl



1. Werkszeichnungen
2. Die Burg
3. Markt und Stadt Kapfenberg
4. St. Martin
5. Die Eisenhämmer
6. Die Umgebung Kapfenbergs
 


Wegen Platzmangels musste auf die genaue Beschreibung der Bilder Stegmüllers verzichtet werden. Wir konnten aber nicht umhin, wenigstens bei einem Bild länger zu verweilen: Wer das Technische Museum in Wien genau durchforscht, wird auch auf Zeugnisse aus Kapfenberg stoßen: „Zerrenhämmer aus dem Höllhammer in Kapfenberg". Gewiss, der eine oder andere wird den Namen „Höllhammer" mit dem Graben verbinden, der Diemlach von Berndorf, also Kapfenberg von Brück trennt, denn Hammerwerke sind keine mehr zu sehen! Wie erfreut war deshalb der Autor dieser Zeilen, als er eine liebevolle Rekonstruktion mit Herrenhaus, alter Straße, Zigeunerlager und noch unregulierter Mürz bei Prof. Stegmüller vorfinden konnte.

Herrenhaus! Mein Gott, ja, das steht doch noch! Wenn auch in einem Zustand, der bitter zu beklagen ist. Die Autostraße zieht jetzt in Traufhöhe vorüber und wirft den verderblichen Atem der Autos über die schön gegliederte Fassade. Die Mürz wurde in den Vordergrund verlegt, und die Steinbogen, die einst die Straße getragen hatten, sind teils zugemauert, teils von einem Tapetencontainer und einem Autohaus verstellt. Aber lassen wir die Gegenwart und steigen wir mit Ludwig Stegmüller (Bilder) und Hans Mörth (Texte) in die raunenden Täler der Vergangenheit:


Höllhammer: Das Herrenhaus

Der berühmteste Hammer im Kapfenberger Raum war wohl der Höllhammer an der Laming. Die erste Erwähnung des Hammers findet sich in einem Brief vom 5. Dezember 1409, einem Brief, den Herzog Ernst an Mürzzuschlager Hammermeister gerichtet hatte, dem Bürger Michael zu Brück, der mit großen Kosten einen Hammer an der Laming geschlagen hatte, diesen auf drei Jahre zu „gönnen", da es ihnen nicht schaden werde. Das könnte der Höllhammer gewesen sein. Mit dem Bürger Michael war ein Kornmesser gemeint. Im Jahre 1515 sah sich ein jüngerer Spross, Pankraz Kornmeß, gezwungen, den Höllhammer, der für die Familie die Grundlage ihres Reichtums bildete, an den Thörler Hammerherren Sebald Pögel zu verkaufen. 1575 fiel der Hammer an die Stubenberger. Bald danach finden wir Sebastian Saupach im Besitz des Höllhammers. Weiters werden Manzoli und Freydenegg als Besitzer des Hammers genannt. Am 4. Juli 1857 kaufte ihn Franz Mayer, am 21. Juli 1872 die Innerberger Hammergewerkschaft, 1881 die „Österreichische Alpine Montangesellschaft" und am 29. September 1894 die Fa. „Böhler".

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der Höllhammer noch zwei Zerrenhämmer und einen Doppelschlag - Streckham mer mit 32 Beschäftigten. Im Jahre 1910 wurden die beiden letzten Zerrenhämmer stillgelegt, während der Streckham mer noch bis 1921 weiter bestand, dann aber in den Lucknerhammer nach Kapfenberg überstellt wurde.


Höllhammer: Werksgebäude und "Fluder"

So wurde der Höllhammer an der Laming gänzlich stillgelegt, und Teile kamen in das Technische Museum nach Wien, wo sie Zeugnis von einstmaliger, großer steirischer Hammerherrlichkeit geben.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts endet auch die Zeit der Hammerherren alten Stils. Mit dem letzten Hammerherren ging auch das innige Verhältnis zwischen Herren und Schmiedegesellen, das seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten bestand, langsam verloren.

Der Hammerherr, der meist mit „Herr Vater" angesprochen wurde, sorgte auch wirklich wie ein Vater für seine Untergebenen; er kannte jeden einzelnen seiner Hammerschmiede und nahm herzlich Anteilnahme an deren Geschick. Er teilte Freud und Leid mit ihnen. Alle Arbeiter bekamen auch im Hammerherrenhaus die volle Kost und Verpflegung und wurden mit allem Lebensnotwendigen versorgt.

Die Frau des Hammerherren, die meist mit „Frau Mutter" angeredet wurde, hatte für die Kinder ihrer Knechte auch immer Süßigkeiten bereit, und war den Arbeitern etwas zugestoßen, so suchten und fanden sie immer nur bei der „Frau Mutter" Hilfe. Diese hatte aber auch eine ungeheuer große Arbeit zu bewältigen, hatte sie doch die Aufsicht über die vielen Vorratskammern und auch über die Hausapotheke, wo alles, von den heilsamen Salben und Ölen angefangen, bis zu den feinsten chirurgischen Instrumenten, aufgestapelt war. Man kann sich ganz gut vorstellen, dass die „Hammergewerkin" auch manche Sorgen hatte, denn damals gab es noch keine Eisen bahn, keine Autos, die die ungeheuren Mengen an Fleisch, Mehl, Fett und dgl. mehr zu ihr ins Haus bringen konnten.


Zigeuerlager

War ein Hammerknecht alt und müde geworden, so wurde er nicht auf die Straße geworfen, sondern verblieb in der Gemeinschaft der Hammerherrnfamilie und aß dort sein Gnadenbrot bis zum Ende seiner Tage. dass das soziale Gefühl der alten Hammerherren sehr tief verwurzelt war, zeigte sich ganz besonders zur Zeit der großen Heimsuchungen, zu Notzeiten. Wenn auch noch so wenig Absatz war, so wurden die Knechte nicht entlassen, im Gegenteil, sie blieben weiterhin beim Hammerherren und bekamen bei ihm Verpflegung und Kleidung wie in den guten Geschäftstagen.

Leider hat sich dieses gute Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zeltalter der Industrialisierung sehr verschlechtert. Das herzliche Einvernehmen ist verschwunden, und die Arbeiter wurden zu Sklaven herabgedrückt!

Die Schinder-Regerl

An der Straße zum Brucker Frachtenbahnhof, bei der Mürzwehr, steht ein Marterl, das an die letzte ruchlose Tat der Schinder - Regerl erinnert. Ältere Leute nennen diesen Gedenkstein, der an der Innenseite bemalt ist, den „gehämmerten Stein".

Viele Menschen, besonders die Jugend, gehen da achtlos vorüber, und die meisten wissen auch gar nicht, warum dieses Marterl, das einstens am Fuße des Rittings stand und später beim Bahnbau im Jahre 1848 an den heutigen Platz versetzt wurde, errichtet worden war.


Dier Schinder - Regerl bei ihrer ruchlosen Tat

In der Kapfenberger Gegend trieb sich die Tochter des „Schinders" von Mürzhofen, die insgemein „Schinder - Regerl" genannt wurde, umher. Sie war ein hübsches, schwarzhaariges Mädchen mit feurigen, dunklen Augen, in die sich manch junger Bursche vergebens verschaute. Später aber, mit zunehmendem Alter, wurde sie ein grausames Weib, das wegen ihrer Putzsucht auch vor gemeinem Mord nicht zurückscheute. Auf den Straßen lauerte sie durchziehenden Kaufleu ten aus Italien auf, beraubte sie ihrer Wert- und Schmuckgegenstände, goldenen Broschen, Halsketten, Uhren und dgl. mehr, und wenn sich diese zur Wehr setzten, hieb sie diesen „verliebten Mannsbildern", wie sie selber sagte, den Kopf ab.

Eines Tages verliebte sie sich ernstlich in einen Burschen, der Holzknecht im Stubenbergischen Forst in Kapfenberg war und insgemein der „Holzknecht - Wolferl" hieß. Dessen heißester Wunsch war es seit je, eine Kugelbüchse sein eigen nennen zu dürfen. Die Schinder - Regerl lag nun täglich auf der Lauer nach einer solchen Büchse, um ihrem Schatz eine Freude bereiten zu können. Endlich sah sie eines Tages am Fuße des Rittings einen jungen Mann unter einer alten Fichte sitzen, der ganz in die Schönheiten der Natur versunken war. Neben ihm, auf dem Boden, lag - eine schöne Kugelbüchse! Schnell war ihr Plan gefasst. Sie schlich sich vorsichtig zu ihm hin, hieb ihm einen Stock über seinen Kopf, nahm die Büchse und lief rasch davon.

Die Beamten des damaligen Landesgerichtes auf Schloss Wieden konnten noch so eifrig dieser ruchlosen Tat nachforschen, sie fanden den Täter nicht.

Erst lange Zeit danach, als die Schinder - Regerl glaubte, es wäre längst Gras über ihre Tat gewachsen, klärte der Zufall diese Mordtat auf. Lange Verhandlungen mussten geführt werden. Schließlich stand eines Tages dieses entmenschte Weib auf und sprach: „Nein, ich habe nicht drei, ich habe sieben solcher verliebter Mannsbilder abgestochen!" Sie wurde zum Tode verurteilt. Graf Wolfgang von Stubenberg, der Schirmherr des Wiedener Landesgerichtes, aber milderte das Todesurteil seinem blinden Bruder Georg zuliebe und wandelte es in eine lebenslängliche Kerkerstrafe um. Einige Jahrzehnte später wurde unter dem jungen Kaiser Franz Josef I. die Schinder - Regerl im Jahre 1848 begnadigt und aus dem Wiedener Keller befreit.